Am 20. November 2019 feiern die Kinderrechte der Vereinten Nationen 30. Geburtstag. Eigentlich ein Grund zu feiern – wenn nicht Kinderschutzorganisationen seit Jahren vergeblich Druck machen würden, Kinderrechte auch in der Verfassung zu verankern. Kinder, die nicht in ihren Familien aufwachsen können und deren Rechte bereits massiv verletzt wurden, würden besonders von einer starken Gesetzgebung profitieren.
Da genau solche Kinder und Jugendlichen in unseren Einrichtungen leben, setzen sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagtäglich dafür ein, ihnen ihre Rechte zu vermitteln, ihr Selbstbewusstsein aufzubauen und sie zu stärken. Dabei, das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte, sind strukturelle Maßnahmen ebenso wichtig wie ein individueller, liebevoller Blick auf die Kinder.
So betont Kinderdorfmutter Rita B., die seit über zehn Jahren als Kinderdorfmutter arbeitet, wie wichtig die Umsetzung des Rechts auf Kontakt zur Herkunftsfamilie ist. Nur wenn Kindern geholfen wird, sich mit ihrer Geschichte zu versöhnen und sie lernen, beständige Beziehungen aufzubauen, können sie sich zu gesunden Erwachsenen entwickeln.
Kinderdorfvater Axel C. beobachtet, dass Kinder, deren Rechte früh verletzt wurden, oft sehr viel Aufmerksamkeit brauchen. „Ich bin überzeugt, das kommt aus der vorherigen Rechteverletzung. Oft mussten die Kinder nur funktionieren. Alles Persönliche zurückhalten, damit sie geliebt werden. Ein Kind, dessen Recht permanent verwehrt wird, kann kein Selbstbewusstsein entwickeln“, sagt C. Gemeinsam mit seiner Frau und einem kleinen Erzieherteam arbeitet er daran, den Kindern ihre Rechte zu vermitteln. Das geschieht etwa in den wöchentlichen Kinderrechtekonferenzen, in denen aktuelle Themen und Probleme besprochen werden können.
Kinder- und Jugendkonferenzen sind in vielen Familien und Vereinen ein bewährtes Instrument, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Alltag zu verankern. Bereits seit vielen Jahren werden auch Kinderrechtebroschüren gemeinsam mit den Kindern erstellt. In diesen wird ganz praktisch vermittelt, welche Rechte es gibt und was das im Alltag bedeutet. Selbstgemalte Bilder zu den verschiedenen Themen helfen auch den Kleinsten, zu verstehen, worum es geht.
Speziell an die Kleineren, die in den vergangenen Jahren vermehrt aufgenommen wurden, richtet sich auch die Initiative „Arbeitskreis Vertrauensperson“ in Mecklenburg-Vorpommern. „Für uns war klar, dass wir die Kinder in Kontakt zu den Vertrauenspersonen bringen müssen, nur dann können sie Vertrauen fassen und öffnen sich. Kleine und jüngere Kinder brauchen was echtes Anfaßbares; Menschen, die sie kennen und mit denen sie etwas Schönes erlebt haben“, so Peters. Die Vertrauenspersonen fahren mit den Kindern ins Ferienlager, sind im Alltag präsent. Auch schreiben sie den Kindern zu wichtigen Anlässen – Weihnachten, Ostern oder wenn es Zeugnisse gibt – Briefe. Vielen Kindern, gerade denen, die von zuhause nicht so regelmäßig Post bekommen, bedeute das sehr viel.
Diese Initiativen zeigen, dass immer ein individueller Blick auf die Kinder, ihr Alter und ihre Bedarfe entscheidend ist. Denn Kinderrechte sind vielfältig.
„Wir tun alles in unserer Kraft stehende, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen in unseren Einrichtungen umzusetzen“, sagt Margitta Behnke, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke. „Umso mehr würden wir es begrüßen, wenn Kinderrechte seitens der Politik weiter gestärkt werden würden und die Koalition sie zeitnah in der Verfassung verankert.“